Gutachter müssen genau, objektiv, unabhängig und gewissenhaft arbeiten – und das auch im eigenen Interesse. Nicht nur, dass fehlerhafte Gutachten eine schlechte Referenz sind, Gutachter unterliegen auch einem Haftungsrisiko.
Dieses Haftungsrisiko geht sogar so weit, dass der Gutachter nicht nur seinem Auftraggeber für einen durch das Gutachten entstandenen Schaden haftet, sondern auch einem Dritten, wenn dieser in den Schutzbereich des Vertrages zwischen Gutachter und Auftraggeber miteinbezogen ist. Die aktuelle Rechtsprechung unterscheidet dabei nicht, ob überhaupt und inwieweit ein Vertrauenstatbestand gegeben war und dieses Vertrauen des Dritten enttäuscht worden ist.
In einem Urteil des Bundesgerichtshofs heißt es, dass nicht nur der Besteller eines Gutachtens Anspruch auf Ersatz eines Schadens habe. Anspruchsberechtigt sei auch ein Dritter, „der selbst keinen Anspruch auf die Hauptleistung des Vertrags hat“ – vorausgesetzt, es ergeben sich aus dem Vertrag stillschweigend Schutzpflichten gegenüber dem Dritten.
Im konkreten Fall ging es um die Klage eines Bauträgers, der einen Gutachter verklagte, weil ihm durch die verzögerte Bebauung eines Grundstücks ein finanzieller Schaden entstanden sei. Grund dafür sei ein fehlerhaftes Gutachten zur Schadstoffkontamination des Grundstücks gewesen. Beauftragt hatte das Gutachten aber nicht der Bauträger, sondern der Eigentümer des Grundstücks. Dieser hatte das Gutachten dem Bauträger zur Verfügung gestellt.
Auch nicht öffentlich bestellte Gutachter haften
Diese sogenannten Schutzpflichten ergeben sich dem Gericht zufolge dann, wenn das Gutachten von einer Person angefertigt worden ist, die über besondere Sachkunde verfügt und dies auch nachgewiesen hat. Im Falle der Gutachter trifft das eindeutig zu, zum Beispiel auf öffentlich bestellte Sachverständige. Weitere Voraussetzung für diese weitreichende Haftung: Das Gutachten wurde in Auftrag gegeben mit dem Zweck, davon gegenüber Dritten Gebrauch zu machen. Diese müssen nicht zwingend namentlich aufgeführt sein.
Aber auch nicht öffentlich bestellte Gutachter können für fehlerhafte Aussagen in ihren Gutachten haftbar gemacht werden. Der Bundesgerichtshof bejaht diese Haftung, wenn ein geschädigter Dritter in den Schutzbereich des Gutachtervertrags miteinbezogen worden ist. Der BGH argumentiert mit dem hohen Ansehen, das Gutachter in der Öffentlichkeit grundsätzlich genießen, und ihrer vorausgesetzten Kompetenz.
Haftungsrisiko geht bis zur Freiheitsstrafe
Grundsätzlich gibt es eine ganze Reihe von Haftungstatbeständen für den Gutachter, die allesamt Auftraggeber und Öffentlichkeit vor fehlerhaften Gutachten schützen sollen. Zunächst ist „Befangenheit“ als Haftungstatbestand zu nennen. Der Gutachter kann dann abgelehnt werden. Da ein Gutachter verpflichtet ist, im Auftrag eines Gerichtes ein beauftragtes Gutachten zu erstellen, kann er mit einem Ordnungsgeld belegt werden, wenn er sich weigert, für ein Gutachten zur Verfügung zu stehen. Gleiches gilt, wenn der Gutachter gerichtliche Termine nicht wahrnimmt, Fristen versäumt oder sich weigert, sein erstelltes Gutachten herauszugeben.
Darüber hinaus gelten auch zivilrechtliche Haftungstatbestände, die im BGB geregelt sind. In Paragraph 839 heißt es dazu: „Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.“
Sogar strafrechtliche Haftungstatbestände können sich ergeben. Der Begriff des „Gutachters“ ist zwar rechtlich nicht geschützt – jeder darf sich also so nennen –, gibt er sich aber als „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ aus, ohne dies zu sein, kann dies als Titelmissbrauch nach dem Strafgesetzbuch ausgelegt und sogar mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr belegt werden.